Hilfe, ich habe ein PuberTier: 11 Eigenschaften von pubertierenden Hunden

Wenn von einem Tag auf den anderen alles anders ist und aus dem süßen Welpen ein großer Rabauke wurde.
(c) Photo: sevenpixx auf Pixabay
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Verhalten, Pubertät, Hormone, Neuronen - news 09/02/21

Ihr Welpe ist gut erzogen und hat sich immer gut benommen. Doch von einem Tag auf den anderen ist alles anders. Er verwandelt sich in einen Rabauken, der nicht einmal die einfachsten Signale, wie Fuß, Halt oder Hier kennt. Auch sein Name ist ihm anscheinend entfallen. Er reagiert auf gar nichts mehr. Auch sein Verhalten anderen Hunden gegenüber hat sich verändert. Er ist nicht mehr der verspielte, süße Hund, sondern versucht, sich mit seinen Artgenossen ständig anzulegen. Ihr Hund besitzt auf einmal eine starke Ähnlichkeit mit einem pubertierenden Teenager. Aber ist das überhaupt möglich?

1. Was ist die Pubertät?

Die Pubertät ist ein wichtiges Entwicklungsstadium zwischen der Kindheit des Hundes und dem Erwachsensein. In dieser Phase finden zahlreiche Umstellungsprozesse im Körper statt.

  1. Pubertät: die Geschlechtshormone werden aktiv. Der Hund ist geschlechtsreif und könnte schon Nachwuchs zeugen. Die Pubertät beginnt ab dem vierten Lebensmonat mit dem Zahnwechsel und geht fließend in die Adoleszenz über. Abhängig von der Hunderasse sind die Hunde mit zwei bis drei Jahren erwachsen. Ihre geistige und körperliche Entwicklung ist damit vollständig abgeschlossen.
  2. Adoleszenz: es finden noch wichtige Reifeprozesse im Gehirn statt. Der Sexualtrieb entwickelt sich. Der Hund löst sich von seinen Eltern. In der freien Natur überprüfen die Männchen, ob sie mit ihrer Stellung im Rudel zufrieden sind und bleiben wollen, oder ob sie sich vom Rudel ablösen. Die Grundzüge der Persönlichkeit entwickeln sich. Die Adoleszenz dauert zwischen dem fünften und 24. Lebensmonat. Bezüglich der Dauer bestehen große individuelle Unterschiede. Werden Rüden sehr früh kastriert, dauert die Entwicklung des Gehirns länger.

2. Was in der Pubertät im Körper Ihres Hundes vorgeht:

  • Veränderungen der Neuronen: Die Nervenzellen wachsen, Verknüpfungen werden umgebaut. Im präfrontalen Kortex werden wichtige Verbindungen verstärkt, unwichtige wieder zurückgebildet. Da in dieser Hirnregion das Lernen und Denken umgesetzt wird, können während des Umbaus verstärkt impulsive Verhaltensweisen auftreten.
  • Der Mandelkern (Amygdala), der das Zentrum der Gefühle ist, wächst ebenfalls. Ihr Hund wird emotional unberechenbar.
  • Zu diesem Zeitpunkt ist ihr Hund auch besonders sensibel. Oft wird in dieser Phase die Grundlage für Angst und Aggressionen gelegt.
  • Der Hormonspiegel verändert sich: In dieser Zeit sind die Hormone Testosteron und Dopamin einem ständigen Wandel unterzogen. Auch die Sensibilität der Rezeptoren, an denen die Hormone andocken, ist verändert.
  • Ihr Hund ist nervös und gestresst. Auch bereits bekannte Situationen und äußere Reize lösen überschießende Reaktionen aus. Stimmungsschwankungen sind an der Tagesordnung.
  • Der erhöhte Dopamin-Spiegel löst auch eine starke Neugierde aus.
  • Da auch das Belohnungszentrum leichter gereizt werden kann, sucht Ihr Hund verstärkt nach Belohnungen und Erfolgserlebnissen. Selbstbelohnendes Verhalten kann nur schwer unterbrochen werden. 
  • Die Aktivität der Nebennierenrinde ist stark erhöht. Es wird mehr Cortisol ausgeschüttet. Ihr Hund steht unter Dauerstress.

3. Wie Sie die Pubertät bei Ihrem Hund erkennen:

  1. Der Hund löst sich von seinem Menschen. Er erweitert seinen Radius und erkundet auch weiter entfernte Teile der Umgebung.
  2. Der Jagdinstinkt setzt ein. Es genügt schon ein interessanter Geruch und der Hund hetzt hinter der Spur her. Er kann sich kaum beherrschen und möchte nur mehr seine Instinkte ausleben.
  3. Gesteigerte Sensibilität auf Berührungen: bei spontanen Berührungen zuckt Ihr Hund zurück. Entspannungssignale, die mit direkten Berührungen verbunden sind, können in dieser Zeit nur schwer trainiert werden. 
  4. Ein deutliches Markierverhalten tritt auf: Auch wenn einige Rüden schon früh ihr Beinchen beim Harnabsatz heben, hat das noch nichts mit Markieren zu tun. Ihr Hund schnüffelt jetzt lange, bevor er seine Duftmarke setzt. Die Häufigkeit des Harnabsatzes steigt. 
  5. Ihr Hund möchte alle Gerüche wahrnehmen. Er beginnt Harn aufzuschlecken, damit die Geruchsstoffe über das Jacobsonsche Organ im hinteren Bereich der Nase schneller in das Duftzentrum im Gehirn gelangen. 
  6. Intensive Reaktionen auf Reize treten häufiger auf
  7. Ihr Hund ist anfälliger für Stress. Die Kaubedürfnis ist verstärkt.
  8. Ressourcen werden wichtig. Ihr Hund beginnt, sein zukünftiges Leben zu planen. Gegenstände, die für ihn eine Bedeutung haben, werden vor anderen Hunden versteckt. Ihr Rüde beginnt, Hündinnen gegen andere Rüden zu verteidigen.
  9. Das Lernen ist von den Umstellungsprozessen betroffen. Schnelles Begreifen wechselt mit Tagen, an denen ein Training kaum möglich ist. Die Konzentrationsfähigkeit schwankt stark.
  10. Ihr Hund beginnt, seine Grenzen immer wieder auszutesten. Dabei will Ihr Hund nicht ungehorsam sein. Er folgt nur seinen Instinkten und Gefühlen. Interpretieren Sie jetzt nicht zu viel menschliches Verhalten in das Verhalten Ihres Hundes hinein. Wahrscheinlich können Sie die meisten Stressoren, die Ihren Hund aufwühlen und beeinflussen, gar nicht wahrnehmen.
  11. Ihr Hund sucht seine Freunde genauer aus. Das Spielverhalten ist deutlich verändert.

4. Was Sie während der Pubertät Ihres Hundes beachten sollten:

  • Geduld: versuchen Sie, Ihren Hund dafür zu interessieren, neue Dinge zu lernen. Wenn es nicht klappt, üben Sie keinen Druck aus, sondern probieren Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.
  • Autorität: setzen Sie Ihrem Hund auch in der Pubertät Grenzen. Zeigen Sie Verständnis und übernehmen Sie bei Unsicherheit des Hundes die Führungsrolle. Reagieren Sie unbeeindruckt und souverän auf pöbelndes Verhalten. 
  • Sicherheit: Bieten Sie Ihrem Hund Schutz. Ihr Hund neigt jetzt dazu, Streit mit Artgenossen zu beginnen. Halten Sie ihn an der kurzen Leine, wenn er andere Hunde anpöbeln will.
  • Üben Sie täglich den Rückruf mit entsprechenden Belohnungen und Trainieren Sie regelmäßig alle Basissignale.
  • Fördern Sie verstärkt gemeinsame Interessen. Richten Sie sich in Ihren Unternehmungen nach den Interessen Ihres Hundes.
  • Achten Sie auf ausreichenden Kontakt zu älteren Hunden, damit Ihr Hund von ihnen lernen kann.
  • Arbeiten Sie mit Entspannungssignalen, um den Stress und die Erregung Ihres Hundes zu verringern.
  • Versuchen Sie langsam, die Frustrationstoleranz des Hundes zu steigern und trainieren Sie die Impulskontrolle
  • Pflegen Sie einen entspannten Umgang mit Ihrem Hund. Er spürt deutlich, wenn Sie gestresst sind und wird dadurch nervös. 
  • Lassen Sie Ihren Hund auf keinen Fall in dieser Entwicklungsphase kastrieren, damit Sie die Entwicklung des Gehirns nicht stören und unterbrechen. Es könnte sonst auch passieren, dass Ihr Hund in der Pubertät stecken bleibt und sich nicht mehr weiterentwickelt.

5. Fazit

Die Pubertät und Adoleszenz sind wichtige Entwicklungsstadien, die Ihren Hund zu einem erwachsenen Lebewesen reifen lassen. Zeigen Sie Verständnis für die Probleme Ihres Hundes, aber setzen Sie ihm geduldig und fair Grenzen. Dadurch gewinnt Ihr Hund an Sicherheit und kann leichter mit seinen Stimmungsschwankungen fertigwerden.
 

Zur Autorin:

pettrainers Expertin Andrea Hanacek ist Leiterin der petdoctors Academy und selbständige Hundetrainiern in Wien und Niederösterreich. 

abcdogs.at
 

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