Die heile Welt der Frau Stadtrat Sima und die Statistik
Auch im TierQuartier sitzen Listenhunden mitunter sehr lang
Aus der Sicht der für den Tierschutz verantwortlichen Stadträtin Ulli Sima hat das schärfere Wiener Tierhaltegesetz keinerlei negative Auswirkungen für das städtische TierQuartier gebracht. Der Zugang von Listenhunden durch Abnahme und die Vergabe an Interessenten laufe völlig normal wie bisher, sagte Sima im Gespräch mit petdoctors.at. Von einer Überbelegung mit Listenhunde könne keine Rede sein.
Die Stadt Wien hat mit Jahresbeginn und als Reaktion auf eine tödliche Bissattacke eines Listenhundes das Tierhaltegesetz wesentlich verschärft. Listenhunde müssen seither in der Öffentlichkeit immer mit Maulkorb und Leine gesichert sein. Die Halter dürfen nicht alkoholisiert sein. Bei Verstößen droht die Abnahme.
Die Rasselisten als Basis und die Maßnahmen selbst sind inzwischen immer wieder kritisiert worden, unter anderem von der VetMed-Universität Wien. Der Wiener Tierschutzverein mit dem Tierschutzhaus in Vösendorf greift einen langfristig besonders problematischen Aspekt heraus: die durch die schärfere Gesetzgebung eingeschränkte Vermittelbarkeit der Listenhunde. Einerseits wollen manche Halter ihren Listenhund wegen der neuen Bestimmungen und der Führscheinpflicht lieber heute als morgen loswerden und andererseits ist natürlich die Bereitschaft gesunken, sich einen solchen Problemhund zuzulegen. „Wer nimmt sich schon einen Listenhund, mit dem man auf der Straße als potentielle Gefahr angefeindet wird und den man aufgrund der generellen Maulkorbpflicht in seinen Lebensumständen wesentlich einschränken muss?“, heißt die rhetorische Frage.
Im Tierschutzhaus Vösendorf warten derzeit etwas über 160 Hunde auf die Vermittlung zu neuen Haltern. Gut 40 davon sind Listenhunde, die Hälfte davon sind schwer vermittelbare Langsitzer, die bereits vor 2017 ins Tierschutzhaus gekommen sind. Listenhunde seien jedenfalls wesentlich schwieriger zu vermitteln als andere Rassen, die oft nur ein oder zwei Wochen im Tierheim sind und das neue Tierhaltegesetz habe die Situation noch einmal verschärft.
Vier Wochen Aufenthalt als Vorgabe
Für das TierQuartier sieht Sima die Situation völlig anders, obwohl alle behördlichen Abnahmen im städtischen Heim und nicht in privaten Häusern landen. „Das TierQuartier ist, nachdem wir uns in Großbritannien informiert haben, mit der Vorgabe gebaut worden, den Aufenthalt im TierQuartier auf maximal vier Wochen zu beschränken. Das beginnt bei der Verkürzung der Quarantäne durch medizinische Maßnahmen und funktioniert von Anfang an gut und heute genau so. Wir haben bisher rund 8000 Tiere vermittelt. Das ist ein großer Erfolg.“
Was den Unterschied ausmacht, erklärt Sima so. „Wir arbeiten hier mit einem engagierten Team daran, die Hunde, die oft aus schwierigen Verhältnissen kommen, zu sozialisieren. Das gelingt uns sehr gut. Man kann nicht die Tiere einfach in einen Käfig setzen und warten, bis sie jemand abholt.“
Das TierQuartier bietet 150 Hunden Platz. Aufgrund der raschen Vermittlung ist das Haus laut Sima nur etwa zu 70 Prozent ausgelastet, manchmal gehe die Belegung auf 50 Prozent hinunter.
Das Tierhaltegesetz habe keine Veränderung gebracht. Sima: „Wir registrieren rund 20 Abnahmen pro Jahr. Das hat sich nicht geändert.“ Ebenso wenig gebe es bei den Vermittlungen einen Stau und das obwohl „wir gerade die schwierigen Hunde nicht einfach hergeben. Das fehlt gerade noch, dass einer zurück kommt und ein Kind gebissen hat. Das Team sucht die neuen Besitzer sehr sorgfältig aus.“
Die Zahlen und der Arbeitsaufwand
Mit Zahlen kann die Stadträtin ihre Story mangels Statistik nicht untermauern. Eigene Zahlen zu den Listenhunden? Dauer des Aufenthalts, Neuzugänge und Vermittlungen seit Jahresbeginn im Vergleich zu den Vorjahren? Keine Unterlagen. Könnte man doch erheben? Viel zu großer Arbeitsaufwand.
Was passiert mit den nicht vermittelbaren Hunden? „Die bleiben halt hier, aber wir haben auch schon einen alten blinden mit drei Beinen vermittelt und es kommen Interessenten, die fragen nach dem schwierigsten Hund.“ Was passiert mit den Hunden, wenn das Haus voll ist? Antwort: „Wir sind nicht voll.“
Glücklicherweise ist die statistische Situation besser, als sie im Gespräch mit der Frau Stadträtin erscheint – sie zeigt ein deutlich weniger rosarotes Bild der Lage im TierQuartier.
Diese Listenhunde warten im TierQuartier:
Ralfi | seit 06/2016 |
Bueno | seit 07/2016 |
Bunny | seit 08/2016 |
Africa | seit 12/2017 |
Kimbo | seit 05/2018 |
Ashly | seit 07/2018 |
Scooby | seit 07/2018 |
Laila | seit 07/2018 |
Ramos | seit 12/2017 |
Akira | seit 08/2018 |
Spike | seit 08/2018 |
Aron | seit 09/2018 |
Achilles | seit 12/2017 |
Aaron | seit 10/2018 |
Nike | seit 10/2018 |
Pablo | seit 10/2018 |
Lars | seit 10/2018 |
Kira | seit 11/2018 |
Sky | seit 06/2018 |
Nina | seit 02/2019 |
Shakira | seit 03/2019 |
Theo | seit 01/2019 |
Paulchen | seit 04/2019 |
Skayla | seit 04/2019 |
Romy | seit 05/2019 |
Zora | seit 02/2019 |
Coco | seit 12/2018 |
Das TierQuartier wurde im März 2015 eröffnet.
Mit Stand 19. Juni sind 42 zu vermittelnde Hunde auf der Homepage, davon sind 27 Listenhunde. Das TierQuartier bietet bei Übernahme eines Listenhundes ein ganzes Paket an unterstützenden Maßnahmen, vom Gutschein für den Hundeführschein bis zum Gratis-Maulkorb.
Die Vermittlungs-Liste umfasst nicht alle Hunde des TierQuartiers. Dass ein Hund nicht auf der Liste steht, kann viele Gründe haben, die von Krankheit bis zur Einstufung als noch nicht vermittelbar durch die Trainer reichen.
Kangals und Hollandse Herdershonde stehen nicht auf der Rasseliste.